Prof. Dr. Birgit Piechulla

Universität Roctock

 

 Zum 25-jährigen Jubiläum der deutsch-sprachigen Studienrichtung an der UBB Klausenburg !

 Leben und studieren mit dem Motto……denn die Welt ist bunt!

– Zwei Länder – ein Abschluss! –

Die mit dem Bologna-Prozess verbundene Ablösung der Diplom-Studiengänge durch das gestufte Bachelor-Master System führte zu einer starken Verschulung. Da diese MSc-/BSc-Studiengänge oft dicht gepackt mit Veranstaltungen sind oder konsekutive Lehrveranstaltungen direkt im nächsten Semester folgen, ist es für Studierende schwer, einen Auslandsaufenthalt in ihr Studium einzubauen, ohne eine Studienzeitverlängerung in Kauf nehmen zu müssen.

Auslandserfahrungen sind jedoch eine wesentliche Säule der persönlichen Entwicklung und Prägung, dient der Erweiterung des Sprachschatzes und bieten u.U. bessere Berufschancen. Gerade die Universität sollte ein Ort sein, internationale Lebenserfahrungen sammeln zu können. Basierenden auf diesen Grundgedanken initiierte der ehemalige Rektor der Universität Rostock Prof. Dr. Thomas Strothotte eine Kooperation mit der Babes-Bolyai Universität in Klausenburg (Cluj/Napoca), die ich von Beginn an begleiten und mitentwickeln konnte.

Warum wurde gerade die Universität in Klausenburg als Partneruniversität gewählt? Die Babes-Bolyai Universität ist sehr beeindruckend, sie ist eine der multikulturellsten Universitäten der Welt! Es studieren ca 55.000 Studenten an den verschiedenen Universitäten, Fakultäten und Fachbereichen in Klausenburg. Aus geschichtlichen Hintergründen heraus werden viele Studiengänge in mehreren Sprachen angeboten, u.a. gibt es auch deutsch-sprachige Studiengänge. Deshalb bot es sich an, mit der UBB internationale Studiengänge zu etablieren. Diese Entscheidung wurde erleichtert, da es bereits seit 2002 eine Zusammenarbeit (gemeinsamen Forschungsarbeiten und summer schools) zwischen der philosophischen Fakultät der Uni Rostock und der UBB gab (Geschichte und Rumänische Sprache). Dies bot einen guten Anknüpfungspunkt, sodass am 17. Juni 2008 eine Erweiterung des Abkommens über die akademische und wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Babes-Bolyai Universität Cluj/Napoca und der Universität Rostock im UBB-Schloss in Arcalia unterzeichnet wurde.

Ziel war es nun in den kommenden Monaten die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Studierende z.B. im Rahmen eines Double-Degree-Programms an beiden Universitäten studieren können. Dieses internationale Studium wurde mit den Studienrichtungen BSc Biowissenschaften und B.A. Wirtschaftswissenschaften gestartet.

Bekanntlich sitzt der Teufel im Detail! Es mußten eine Reihe von Unterschieden harmonisiert werden, z.B. waren die Studienprogramme der UBB und der Universität Rostock inhaltlich unterschiedlich aufgebaut, es gab/gibt die unterschiedlichen Noten-Vergabesysteme (Rostock:1-6, UBB: 10-1) und Prüfungsordnungen und -modalitäten, es müssen unterschiedliche Unterlagen für das Zulassungs- und Einschreibeverfahren beigebracht werden, oder die unterschiedlichen Termine für Beginn und Ende der Semester- und Vorlesungszeit und vieles mehr musste angepasst werden .

Im Oktober 2009 wurde dann das Doppelabschluss-Abkommen durch die Rektoren Prof. Dr. Wolfgang Schareck (Rostock) und Prof. Dr. A. Marga (UBB) unterzeichnet .

Es muss hervorgehoben werden, dass dieses Abkommen durch die hervorragende Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Prof. Dr. Laszlo Rakosy, dem Prorektor Prof. Dr. Rudi Gräf und seiner Mitarbeiterin Dr. Ioana Florea zügig möglich wurde! Es müssten sicherlich weitere Klausenburger Personen genannt werden, die maßgeblich für diesem Studentenaustausch mitgearbeitet haben, mir aber leider nicht namentlich bekannt sind. Deshalb an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten! Auf der Rostocker Seite gebührt der Dank vor allem Frau Dagmar Börner, Dr. Markus Glöckner, Frau Dr. Baumgarten und Frau Grimmel, u.a., die mir bei der Beantwortung vieler Fragen behilflich waren. Viele Personen haben für die Internationalisierung beider Universitäten konstruktiv zusammengearbeitet!

An diesem Austauschprogramm haben seit dem WS 2008/2009 bis einschließlich des WS 2019/2020 70 deutsche Biologie-Studenten (Bilder Okt. 2009) in Klausenburg, 5 rumänische Biologie-Studenten in Rostock und ca. 3 Wirtschaftswissenschaftsstudenten in Klausenburg erfolgreich studiert. In den ersten Jahren des Austauschprogramms verbrachten die Rostocker Studenten das 2. Studienjahr in Klausenburg. Durch Reformierungen der Studienprogramme und Akkreditierungsverfahren an beiden Universitäten, mußte auch dieses internationale Studienprogramm mehrfach angepasst werden. Seit 2014 verbrachten die Studenten das 1. Studienjahr in Klausenburg. Das war eine besondere Herausforderung an die Studenten, für die nicht nur das Studieren neu war, sondern sie diesen neuen Lebensabschnitt in einem europäischen Ausland mit nicht-deutscher Landessprache beginnen sollten. Sie mußten sich mit anderen Lebens-, Ess- und Wohngegebenheiten und kulturellen Unterschieden arrangieren. In jedem Jahr gelang es uns, dafür mutige Studenten zu begeistern, die diese Änderungen gerne auf sich nahmen und auch darin den besonderen Reiz sahen. Schnell stellte sich heraus, dass eine Vorbereitung auf die rumänische Sprache sehr hilfreich wäre. Zusammen mit dem Sprachenzentrum der Universität Rostock Frau Dr. Barbara Amling wurde eine Lösung gefunden, und die Frau Mladita Matei bereitete die Studenten in ihren Kursen und Seminaren auf den Rumänienaufenthalt vor. Ab und zu konnte ich diesen Veranstaltungen auch beiwohnen und war sehr angetan von der Initiative von Frau Matei, die auch geschichtliche Hintergründe interessant erläuterte und landestypische kulinarische Kost gemeinsam mit den Studenten bereitete. Somit waren die Studenten gut vorbereitet für ihr Studium und Leben in Klausenburg.

Das eingangs erwähnte Ziel, ein Studium im In- und Ausland ohne zeitlichen Verlust durchführen zu können, wurde in der Startphase (2010 bis 2012) auch großzügig finanziell vom DAAD unterstützt, insgesamt wurden ca. 110.000€ für Stipendien und Reisegelder für Studenten und Dozenten bewilligt. Es war im Rahmen des Double-Degree-Studiums gefordert zwei miteinander verknüpfte Zeugnisse von beiden Universitäten zu vergeben. Dies konnte aufgrund bürokratischer Hürden leider nicht realisiert werden, jedoch erhielten/erhalten die Studenten von jeder Universität eine Urkunde.

Bei einem internationalen Studium geht es vor allem darum, aus den standortbezogenen Vorteilen durch Synergie einen Mehrwert für die Studenten zu generieren. Die an diesem Programm teilnehmenden Studenten hatten die Möglichkeit die beiden unterschiedlichen Schwerpunkte der Biologie- Studiengänge in Klausenburg und Rostock kennenzulernen und für sich festzustellen, welche Schwerpunkte sie in ihrem späteren Studium verfolgen wollen. Das Bio-Studium in Klausenburg hat eindeutig durch die Expertise von Prof. Dr. Laszlo Rakosy auf dem Gebiet der Umweltwissenschaften seine Präferenz. In Exkursionen konnten die Studenten u.a. in den Karpaten oder im Donaudelta Wissenswertes erfahren. In Rostock wiederum, ist die komplette Breite der Biologie repräsentiert und gewährt aufgrund des prädestinierten Standortes an der Ostseeküste auch Einblicke in die Meeresbiologie.

Umfragen unter den Studenten zeigen Gründe, Motivation und Bewertung zu diesem Austauschprogramm auf: Sprachschatzerweiterung; Studium an einem unkonventionellen Ort mitten in Europa; Kennenlernen eines anderen Kulturkreises; Vorlesungssprache ist deutsch, im sonstigen Leben rumänisch; Kennenlernen von biologisch interessanten Standorten; nur positive Erfahrungen; die Menschen sind hier sehr höflich und immer hilfsbereit; Kommt nach Cluj zum Studieren, es lohnt sich! Tickets besorgt, Sachen gepackt und dann ging’s auf ins Unbekannte! Meine Ziele, die ich bei der Etablierung dieses Studiengangs hatte, wurden auch erfüllt. Zunächst freut es mich sehr, dass eine stattliche Zahl an Studenten diese Studier-Möglichkeit realisieren konnte, d.h. sie sich im Fach Biologie auf außergewöhnliche Weise weiterbilden und ihre Persönlichkeit durch andere kulturelle Einflüsse prägen konnten. Dies ist in aller Hinsicht ein nicht zu unterschätzender Gewinn und war für mich alle Mühe wert. Es ist meine Überzeugung, dass die Welt bunt ist und diese Besonderheit großartig und erhaltenswert ist, denn Diversität ist ein wesentliches Erfolgs-Prinzip der Biologie/Natur!

Durch den Aufbau dieses Studienganges hatte auch ich die Möglichkeit neue Kollegen kennen und schätzen zu lernen und der Vergabe der Ehren-Promotion von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel beiwohnen zu können. Es hat mich immer erfreut, die rumänischen Kollegen zu treffen, mich auszutauschen, etwas Gemeinsames aufzubauen, kulturelle Besonderheiten kennenzulernen und zu sehen wie sehr sie ihr vielseitiges Land lieben! Ich möchte insbesondere denen hier gratulieren, die in den vergangenen 25 Jahren die ‚Flagge der deutschen Linie‘ hochgehalten haben, sodass sich die sprachliche, kulturelle und traditionelle Diversität in Klausenburg bzw. in Rumänien etablieren und weiterentwickeln konnte.

Vermutlich ist dies keine übliche Rede zu einem 25-jährigen Jubiläum, aber ich hoffe, dass zwischen den Zeilen zu lesen ist, wie sehr es mich gefreut hat, dass ich ca. die Hälfte der Jubiläums-Zeit ein wenig mit dabei sein konnte, beobachten und begleiten durfte. Das macht mich sehr zufrieden. Ich bleibe dem Land sehr gerne verbunden und freue mich auf das zukünftige Erkunden schöner naturbelassener Landschaften, z.B. der Karpaten, der Walachei und des Donaudeltas – alleine das Hören dieser Namen macht mich neugierig!

Ich wünsche weiterhin alles Gute und viel Erfolg bei der Internationalisierung der UBB!

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Birgit Piechulla

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