Prof. Dr. Hans Joachim Breunig

Universität Bremen

Dreißig Jahre Zusammenarbeit

Es ist mir eine Freude aus Anlass des 25 jährigen Bestehens der Deutschsprachigen Studienrichtung der Babes-Bolyai-Universität über eine langjährige erfolgreiche wissenschaftliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der metallorganischen Chemie zwischen den Arbeitsgruppen der Professoren Anca und Cristian Silvestru an der BBU in Cluj und meiner Arbeitsgruppe an der Universität Bremen zu berichten. Die Zusammenarbeit begann im Juni 1991 als wir auf einer Tagung in Berlin durch Professor Ionel Haiduc miteinander bekannt gemacht wurden. Bald folgten längere Forschungsaufenthalte von Cristian und Anca Silvestru in meinem Labor in Bremen. Danach nahmen Chemiestudenten aus Cluj an Forschungspraktika teil bei denen mehrere Arbeitsgruppen der Anorganischen Chemie beteiligt waren.

Im Laufe der langen Zusammenarbeit  kamen dann immer wieder junge rumänische Forscher nach Bremen, um Experimente für ihre Examensarbeiten oder Doktorarbeiten durchzuführen. Eine nicht geringe Zahl von Doktorarbeiten wurde auch vollständig in Bremen durchgeführt und nach mehrjähriger erfolgreicher Arbeit durch die Promotionsprüfung abgeschlossen. Die Ergebnisse der Arbeiten wurden in vielen Artikeln in führenden wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Die Finanzierung der Aufenthalte und der Forschungsprojekte erfolgte durch Mittel der BBU, der Universität Bremen, der rumänischen Förderungseinrichtungen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des DAAD. Zwischen der BBU und der Universität Bremen wurde ein Kooperationsvertrag geschlossen.

Die rumänischen Partner haben durch Vorträge und Beiträge in Lehrveranstaltung und viele Gespräche das wissenschaftliche Leben in Bremen bereichert. Umgekehrt  hatte ich oft Gelegenheit an der BBU und anderen rumänischen Universitäten unsere Forschungsergebnisse zu präsentieren, Lehrveranstaltungen durchzuführen und die wunderbare rumänische Gastfreundschaft zu genießen. Besonders dankbar bin ich auch für die Kontakte mit Forschern aus vielen anderen Ländern, die sich im Rahmen von Vortragsveranstaltungen und Seminaren ergeben haben.

Inhaltlich bezog sich unsere Kooperation auf die Synthese und Charakterisierung neuartige metallorganischer Verbindungen schwerer Hauptgruppenmetalle wie Antimon und Bismut. Dabei lag ein Schwerpunkt auf dem Gebiet von Molekülen mit Metall-Metall-Bindung. Die Chemie solcher Moleküle gehört zum Bereich der Grundlagenforschung. Sie wird entscheidend durch die Natur von organischen Gruppen die an die Metalle chemisch gebunden sind, den sogenannten Liganden, beeinflusst. So können hoch reaktive nur unter Schutzgas und bei tiefen Temperaturen handhabbare Moleküle oder im Schutz geeigneter Liganden auch sehr stabile Spezies entstehen. Die Expertise in Bremen bestand bei den besonders empfindlichen Verbindungen. Die rumänische Seite brachte reiche Erfahrungen und viele Ideen auf dem Gebiet stabilisierender Liganden in die Zusammenarbeit ein, was die chemischen und analytischen Möglichkeiten erweiterte.

Am Anfang der Kooperation gab es einen Vorsprung in Bremen bezüglich der Ausstattung mit Laborgeräten, Arbeitstechniken und  Methoden der instrumentellen Analytik. Im Laufe der Jahre wurde dieser Vorsprung kleiner und gegen Ende der experimentellen Zusammenarbeit, als ich in den Ruhestand ging, war das rumänische Labor besser ausgestattet. Der größte Vorteil der Zusammenarbeit bestand jedoch nicht im Bereich der Laborausstattung, sondern im Bereich der fachlichen und menschlichen Qualitäten. Zu Beginn der Kooperation hat sich durch die Begegnungen und Aufenthalte eine Atmosphäre des Respekts und des Vertrauens aufgebaut, die eine hervorragende Basis für die langjährige enge Zusammenarbeit darstellte und die es möglich machte, auch schwierige Situationen zu bewältigen. Die jungen rumänischen  Studentinnen und Studenten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterhatten in der Zeit der Einarbeitung in Bremen viele Schwierigkeiten zu überwinden. Es war oft nicht einfach. Zwar war ihre fachliche Qualifikation in der Regel sehr gut und sie verfügten oft über sehr gute sprachliche Kenntnisse in der deutschen oder englischen Sprache, aber es kam auch vor, dass solche Sprachkenntnisse gering waren. Es war für mich immer wieder überraschend wie schnell es den rumänischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gelang sich so gute Sprachkenntnisse zu erwerben, so dass sie auch in der Lehre eingesetzt werden konnten und die Kommunikation mit den Studenten, Technikern und Verwaltungskräften gut möglich war. Aber auch bei sehr guten sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen war die Einarbeitungszeit schwierig auch, weil die Forschungsaufgaben bedingt durch die Anforderungen der Universität und des Forschungsförderungssystems sehr hoch waren. Die vielfältige Unterstützung durch die rumänischen Kooperationspartner war sehr wichtig für die Überwindung dieser Schwierigkeiten. Entscheidend dafür waren der Fleiß, die experimentelle Sorgfalt und die hohe Motivation der rumänischen Studenten. Sie arbeiteten sehr hart und als Betreuer sah ich mich manchmal sogar veranlasst ihren Arbeitseifer zu zügeln und darauf hinzuweisen, dass es hier auch so etwas wie Freizeit, Wochenende und Urlaub gibt.

Die Leistungen der rumänischen Studentinnen und Studenten führten, wie gesagt, zu ausgezeichneten Ergebnissen, die sich in Projektberichten, Dissertationen und wissenschaftlichen Publikationen niederschlugen und auch dazu führten, dass die Kooperation so lange andauerte und im Laufe der Zeit immer enger wurde. Zwar habe ich keinen genaueren Überblick über das allgemeine Leistungsniveau an rumänischen Universitäten, aber ich habe Grund zur Annahme, dass die besten und am meisten motivierten Studenten zu Studienaufenthalten in Bremen und anderswo ermutigt wurden. Dies ist für mich ein Zeichen von Weltoffenheit und Selbstbewusstsein.

Mit großer Freude konnte ich beobachten, dass die Zusammenarbeit  auf dem Gebiet der metallorganischen Chemie zwischen der BBU und der Universität Bremen inzwischen auch auf die Jacobs University Bremen erweitert wurde. Sie dauerte auch noch weiter an als ich vor zehn Jahren in den Ruhestand eintrat und die experimentellen Arbeiten in Bremen beendete. Auch danach konnte ich durch Vorlesungen und Vorträge an der BBU und durch Originalpublikationen und Reviewartikel an der Kooperation weiter teilhaben.

Ich schließe diesen Text mit vielen guten Wünschen für die weitere Entwicklung der metallorganischen Chemie in Cluj und dem Ausdruck der Dankbarkeit für die fast dreißig Jahre der Zusammenarbeit mit Anca und Cristian Silvestru und den vielen rumänischen Studenten, die zu mir nach Bremen kamen.

 

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